11. Juni 2022
Hospizgruppe Prien diskutiert Tabuthema Tod
Petra Frey bei ihrem Vortrag in der Bücherei. FOTO KIRCHNER
Lesung aus dem Buch „Sterbemund tut Wahrheit kund“ von der Autorin Petra Frey
Prien – „Sterben werden wir alle, aber keiner glaubt es.“ Klingt makaber, ist aber eine unumstößliche Tatsache. Petra Frey, Münchner Schauspielerin und ehrenamtliche Hospizhelferin, nahm bei ihrer Lesung in der Priener Bücherei kein Blatt vor den Mund. Musikalisch wurde der Vortrag von Manuel Ehlich am Marimbafon begleitet.
In ihrem Buch „Sterbemund tut Wahrheit kund“ erzählt sie vom Abgang einer Filmdiva und wie für einen 80-jährigen Schreiner eine Zahnfee ins Hospiz kam. Die Zuhörer mussten immer wieder schmunzeln. Sterben sei noch immer ein Tabuthema, hatte Frey gesagt. Doch wenn es soweit ist, dann passierten die unglaublichsten Dinge. So viele, dass sie sich entschlossen habe, diese Erfahrungen und Geschichten in der Sterbebegleitung aufzuschreiben und damit eine andere Seite der Hospizarbeit aufzuzeigen.
Die erste Geschichte war einer ihrer Begegnungen mit einer im Sterben liegenden Dame gewidmet. Eigentlich war es das Treffen mit der Verwandtschaft, mit der Frey ihr Publikum unterhielt. Da mutierte der Hospizverein zum Sterbehelfer-Verein oder zum Sterbe-Club und schon war klar, warum der Besuch des Hospizvereins nicht erwünscht war. Umso mehr bezeichnend, als die Schwerkranke schließlich vom Bett aus ruft: „Na endlich, die Hospizhelferin darf reinkommen.“
Einige Zuhörer können auch von solchen Begegnungen berichten. Renate Weißberg aus Prien ist zur Lesung gekommen, seit 2005 ist sie beim Priener Hospizverein und meint: „Den Sterbenden gönne ich den Tod.“ Christine Krause-Sinn aus Bad Endorf engagiert sich ebenfalls seit vielen Jahren im Priener Hospizverein. Sie findet: „Sterben gehört zum Leben“, das Thema müsse man an sich ranlassen. Auch Inge Hudlberger aus Riedering, die derzeit noch in der Ausbildung zur Hospizhelferin steckt, zeigt wenig Berührungsangst mit dem Tod. Die Geschichten, die Frey vorträgt, machten ihr Mut.
Frey erzählte an dem Abend noch viele Geschichten, die zum Schmunzeln brachten.
Da ist die ältere Dame, die ihr nach Jahrzehnten die Liebe ihres Lebens beichtet. Es sei nicht ihr Mann gewesen, sondern die Schwägerin. Oder die schwerkranke 50-Jährige, die zwar daheim sterben darf, aber „bitte nicht im Wohnzimmer, das soll sauber bleiben“, wie es der Ehemann der Sterbenden der Hospizhelferin ins Gesicht sagt. Das sind Geschichten, die muss man aushalten, da ist nicht immer alles zum Lachen. Und dennoch sind das alles Begegnungen, die die Arbeit der Mitarbeiter des Hospizvereins prägen.
Stefan Scheck, Vorsitzender der Hospizgruppe, hatte schon bei der Begrüßung angemerkt, dass die Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen kein populäres Thema und noch immer ein Tabuthema sei. Dabei gebe es in verzweifelten Lebenssituationen nichts Wichtigeres als zuzuhören oder einfach da zu sein. Genau wie es das Motto des Vereins sagt: „Wir schenken Ihnen Zeit.“ elk