Begleitungen sind ab sofort wieder möglich – Die Anfragen sind gesunken
Von Tanja Weichold
Prien – Der Tod ist im Leben jedes Menschen irgendwann ein unausweichliches Thema. Die Vorstellung, im Sterben zu liegen und alleine zu sein, ist wohl für die meisten beängstigend und schrecklich. Genau das aber hat die Pandemie für manche mit sich gebracht. Jetzt ist Sterbebegleitung wieder möglich, auch in Pflegeheimen. Doch viele Menschen haben offenbar immer noch Scheu, die Hilfe der ehrenamtlichen Helfer der Hospiz-Gruppe Prien und Umgebung e.V. in Anspruch zu nehmen, wie der Vorsitzende Stefan Scheck bedauernd festgestellt hat.
Zwei statt fünf
bis zehn Anrufe
Im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen berichtet er momentan von zwei Anrufen wöchentlich bei der Hospiz-Gruppe in Prien. Vor Corona waren es fünf bis zehn. „Die Menschen haben Sorge uns zu kontaktieren und Fremde von außen zu holen“, ist sein Eindruck. Seit über zwei Jahren sei es notwendig, Kontakte zu reduzieren, um Ansteckungen zu verhindern. Das sitzt offenbar tief, denn: „Die Anfragen nach einer Hospizbegleitung sind deutlich gesunken“, so Scheck. In der Hospizbewegung gibt es eine große Bereitschaft für das ehrenamtliche Engagement – trotz des schweren Themas. Der Hospizverein Prien hat laut Scheck 220 Mitglieder, die meisten sind Förderer. 15 bis 20 ehrenamtliche Hospizbegleiter schenken sterbenden Menschen und Angehörigen Zeit und Trost.
Die Grund- und Aufbaukurse mit ihren bis zu 20 Plätzen sind schon wieder ausgebucht, berichtet etwa Barbara Noichl, Geschäftsstellenleiterin des Jakobus Hospizverein Rosenheim, mit dem die Priener eng zusammenarbeiten. Zwar liege der Altersschnitt bei den Teilnehmern und ausgebildeten Begleitern bei 65 bis 80 Jahren, doch macht sie immer öfter auch junge Gesichter in den Reihen aus. Manche seien gerade einmal über 20 Jahre alt. „Viele sagen, sie haben im Leben so viel bekommen, sie wollen davon etwas zurückgeben“, ergänzt sie.
Einer, der schon seit zehn Jahren als Hospizhelfer im Einsatz ist, ist der 76-jährige Walter Richter. Er kam mit der Hospizbewegung das erste Mal in seiner alten Heimat in Köln in Berührung und begleitete seine Eltern bis zum letzten Atemzug. Als er 2009 nach Prien zog, führte ihn einer seiner ersten Wege zur Hospiz-Gruppe. Heute ist er dort Schatzmeister.
Auf seine Beweggründe angesprochen, erklärt er: „Man bekommt so viel zurück. Und diese Erfahrungen helfen, mit den Gedanken an das eigene Ende anders umzugehen.“ Das gelte auch für seine Frau, die schwer krank ist und um die er sich kümmert. „Wir können gut damit umgehen“, sagt er. Das Wichtigste sei, zu unterscheiden zwischen Mitleid und Mitgefühl. Es gehe darum, Empathie aufzubringen, aber auch darum, bestimmte Dinge pragmatisch zu sehen.
Bei der Begleitung sterbender Menschen hat er die Erfahrung gemacht, dass es vielen Menschen ein Bedürfnis sei, eine Lebensbilanz zu ziehen. Grundsätzlich aber sei das Sterben so verschieden wie die Menschen. „Jeder Mensch stirbt anders“, bekräftigt Scheck, der auch Vorstand des Chiemseehospiz Bernau ist.
In der Regel kommen die Helfer ein- bis zweimal pro Woche für circa zwei Stunden. Die Begleitungen gehen teils über Wochen und Monate hinweg. Zwischen 30 und 50 Begleitungen in Prien und im direkten Umland, also zum Beispiel Bernau und Rimsting, waren die Jahre vor Corona von der Hospiz-Gruppe Prien geleistet worden. Daran ist momentan kein Denken. „Es ist ja auch für unsere Helfer schade, die so motiviert sind“, sagt Scheck. Er will den Menschen Mut machen, sich an die Hospiz-Gruppe Prien zu wenden. Die Nummer 08051/963696 sei rund um die Uhr besetzt.
„Das Wichtigste
ist da zu sein“
Was aber machen die Hospizhelfer, wenn sie kommen? „Wir spenden Zeit. Das Wichtigste ist da zu sein“, so Scheck. Helfen könnten Gespräche, manchmal aber einfach auch nur schweigen und die Anwesenheit. Angehörige werde ermöglicht, sich eine kurze Auszeit zu nehmen. Es gebe auch den Fall, dass ein Sterbender keine Begleitung wünscht, aber die Angehörigen für sich selbst gerne seelische Unterstützung in Anspruch nehmen wollen. „Auch das ist möglich“, sagen Scheck und Noichl.
Nur geimpfte Personen können von den ehrenamtlichen Helfern betreut werden
Die Corona-Pandemie dauert an und bis heute ist das auch mit Einschränkungen für die Hospizbegleitung verbunden. Das sagen Stefan Scheck, Vorsitzender der ehrenamtlich tätigen Hospiz-Gruppe Prien und Umgebung, und Barbara Noichl, Geschäftsstellenleiterin des Jakobus Hospizvereins Rosenheim. Doch seien Einschränkungen immer noch besser als die Zeit des einschneidenden Lockdowns im ersten Halbjahr 2021. Damals konnten überhaupt keine Sterbebegleitungen mehr durchgeführt werden. „Unsere Helfer mussten zum Teil ihre Begleitungen abbrechen, das hat die Patienten und sie selbst hart getroffen“, berichtet Scheck. Manche hätten dann Briefe an ihre Schützlinge geschrieben, die die Pflegekräfte ihnen vorgelesen hätten. Zum Schutz der ehrenamtlichen, meist älteren Hospizhelfer könnten Ungeimpfte nicht begleitet werden. „Wir klären das am Telefon ab und versuchen eine andere Lösung zu finden“, betont Scheck. Professionelle Hilfe könne dann zum Beispiel von der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) geleistet werden. Wenn die Hospizhelfer derzeit in Pflegeheime gerufen werden, dann seien die jeweils dort geltenden Vorgaben zur Corona-Pandemie einzuhalten. Lediglich in den Klinken seien derzeit noch keine Hospizbegleitungen möglich. Die Hospiz-Gruppe Prien ist unter der Nummer 08051/963696 rund um die Uhr erreichbar.